von Michael Schober 700 000 Menschen werden jährlich durch konventionelle Waffen getötet. Das sind rund 2000 pro Tag. Dazu kommen: Eine viel größere Anzahl von Verletzten, Vergewaltigten, Kindersoldaten, Beraubten… Ausgaben der Staaten für Militär und Waffen fehlen für Infrastruktur, Bildung, Gesundheitswesen. Wenn man ganz kritisch sein möchte: Es kommen bis zu 70% der Staatseinnahmen in den ärmsten Ländern der Welt (v.a. Afrika) aus Entwicklungshilfe der westlichen Staaten. Diese Staaten sind gleichzeitig die Exporteure von 85% aller Waffen.
Die Welthandelsorganisation (WHO) regelt durch globale Verordnungen den Verkehr, den Import/Export von Waren, und führt Qualitäts- und Endverbraucherkontrollen mit hoher Transparenz und jährlichen Berichten durch. Das betrifft alle wichtigen Produkte und Rohstoffe von Medikamenten bis zu Kuhfleisch. Für den Waffenmarkt, der mit 51,5 Milliarden Dollar pro Jahr (2007) 0,3 % des gesamten Welthandels ausmacht (mehr als je zuvor – auch als zu Zeiten des kalten Krieges!) gibt es keine globalen, bindenden Gesetze. Die UNO Generalversammlung 2006 hat beschlossen, 2012 ein solches Gesetz, das „ Arms Trade Treaty“ (ATT) den Staaten zur Unterzeichnung vor zu legen. Transparenz, Kontrolle und Verantwortung für alle Staaten soll im Vordergrund stehen, um illegalen Waffenhandel, Embargo- Schlupflöcher, Gebrauch von Waffen zu Genozid, humanitären Katastrophen und ungerechtfertigter Gewalt entgegen zu wirken. Das Selbstbestimmungsrecht und Recht eines Staates auf Selbstverteidigung, und die dazu benötigten Waffen sollen nicht angetastet werden. Dabei ist Diplomatie gefragt: Viele regionale Konferenzen, Sensibilisierungsarbeit für die Wichtigkeit dieses Themas und Vorverhandlungen stehen an der Tagesordnung. Und, nicht zu letzt, Zusammenschlüsse der humanitären Nicht Regierungs Organisationen (NGOs) zu Öffentlichkeitsarbeit, Erstellen von Studien, Vermittlung zischen den großen „Playern“ in diesem Bereich, nämlich Befürworter -und Gegnerstaaten, Industrie, Gesundheitwesen etc. und Lobbying sind deren wichtigsten Aufgaben. Diplomatie ist vor allem sehr langsam, unvorstellbar sensibel und kompliziert, und weit weg von der Welt, wo sich das Leiden, das verhindert werden soll, abspielt. Aber!!: Diplomatie kann die Welt von 6 Milliarden Menschen verändern! Und dafür lohnt es sich diesen Weg zu gehen, den IPPNW, als autorisierter UN Berater und NGO mit sehr viel Energie unterstützt. IPPNW Co- President Dr. Robert Mtonga und ich vertraten die IPPNW in Genf beim „The Scope of an Arms Trade Treaty „ Meeting am 2. Dezember. Die Konferenz sollte Argumente, Zweifel und Schwirigkeiten für einen möglichst Umfangreichen Geltungsbereich des ATT aufzeigen. Vor allem, so waren sich die Teilnehmer (Staatsvertreter, Militärs, NGOs, Wissenschaftler, UNO Mitglieder) einig, sei es essentiell, skeptische Staaten und Industrien, zu überzeugen, dass kleine Feuerwaffen und Munition in das ATT mit eingeschlossen werden sollten, da diese für einen Großteil des Leidens verantwortlich sind. IPPNW zeigt diese Tatsache in verschiedenen, extra dafür durchgeführten Studien auf, die auch in Übersichtsarbeiten in die Ergebnisse anderer Institutionen einfließen. Zum Beispiel stellte Hr. Josph Dube, Afrikas Koordinator der Oragnisation „International Action Network on Small Arms“(IANSA) eine dieser Arbeiten dem Gremium in Genf vor: „Es gäbe bereits überregionale, bindende und funktionierende Regelungen (Neo Kinshasa Agreement, Nairobi Protocol( …)), und diese haben auch einen spürbaren Benefit für diese Regionen bewirkt.“ Als Negativbeispiele, wo auch wenig Kontrolle über den Waffenmarkt herrscht, nannte er Somalia, Liberia und den Angriff auf das Togolesische Fußball Nationalteam. Dr. Mtonga von der IPPNW machte auf die Auswirkung von Schusswaffen auf die „Öffentliche Gesundheit“ (Publich Health) aufmerksam: „ Wir Ärzte sind es, die täglich die unmittelbaren Auswirkungen des unregulierten Handels mit kleinen Feuerwaffen und Munition sehen: Zerschmetterte Knochen, Blut, sterbende Menschen. (…) Man sollte von den Auswirkungen der jeweiligen Waffen darauf schließen, welche Waffen in das ATT eingeschlossen werden sollten.“ Große Zustimmung für diesen Zugang erntete er vor allem von der Norwegischen Abgesandten und den Vertretern anderer NGOs. „Man könne sich Bestehende Regelungen, wie etwa im Arzneimittelbereich, als Beispiel zur Durchführbarkeit eines möglichst Umfangreichen ATT nehmen“ meinte Dr. Mtonga später, was auch Anlass zu weiterer Diskussion gab. Zum Schluss möchte ich mit folgendem Zitat die Wichtigkeit des Engagements in der Entwicklung des ATT unterstreichen: „The main Cause of War is the Difficulty of getting organised the institutions for preventing it. And not the Conflict Itself!“ (Daniel Prinse) Jedem, den dieses Thema anspricht, lege ich den Film „Lord of War“ (mit Nicolas Cage, Ethan Hawke, Jared Letho) ans Herz - der auch in Genf zitiert wurde. Er zeigt auf sehr gelungene, mitreißende und kritische Weise den Status Quo des Waffenhandels. Weitere links: Zusammenfassung über das ATT (UNO) - sehr gut: http://www.unidir.org/bdd/fiche-ouvrage.php?ref_ouvrage=92-9045-010-D-en NGO Initiativen und Hintergundinfos: http://www.controlarms.org Einstellung jedes einzelnen Staates zu globalen Waffengesetzten: http://www.reachingcriticalwill.org/political/1com/1com10/statements.html |